Forum: Offtopic Frage(n) zur Physik.


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von Christoph E. (stoppi)


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Hallo!

Gleich vorweg: Der Titel ist bewusst allgemein gehalten, da ich in 
Zukunft vermutlich noch weitere Fragen haben werde und diese dann gut 
hierher passen...

Ich hätte da eine Frage zur Physik und zwar geht es den Zusammenhang 
zwischen elektrischer Feldstärke E und der Spannung U.

Gestoßen bin ich auf diese Frage bei meiner Beschäftigung mit dem 
Plasmatoroid.

U zwischen zwei Orten ist ja gleich dem Linienintegral E*ds auf einem 
beliebigen Weg zwischen eben diesen beiden Orten.

Beim Plasmatoroid habe ich nun durch dB/dt ein elektrisches Wirbelfeld 
rot E. Was ist aber nun, wenn ich mich von einem Ort A entlang eines 
geschlossenen E-Feld-Wirbels einmal im Kreis bewege und wieder zu A 
zurückgelange. Dann habe ich ja ein E*ds = U ungleich 0. Zugleich liegt 
dann aber eine Spannung zwischen A und demselben Ort A vor, was aber so 
nicht sein kann.

Wo liegt hier denn bitte mein Denkfehler? Das erinnert mich sehr stark 
an diese Illusion mit der Treppe. Danke im voraus fürs Helfen...

von DSGV-Violator (Gast)


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Christoph E. schrieb:
>  Zugleich liegt
> dann aber eine Spannung zwischen A und demselben Ort A vor, was aber so
> nicht sein kann.


Doch, kann sein wenn es nicht zum gleichen Zeitpunkt ist. Dann ist es 
nämlich keine Spannungsunterschied sondern eine (zeitliche) 
Spannungsänderung.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Christoph E. schrieb:
> U zwischen zwei Orten ist ja gleich dem Linienintegral E*ds auf einem
> beliebigen Weg zwischen eben diesen beiden Orten.
>
> Beim Plasmatoroid habe ich nun durch dB/dt ein elektrisches Wirbelfeld
> rot E. Was ist aber nun, wenn ich mich von einem Ort A entlang eines
> geschlossenen E-Feld-Wirbels einmal im Kreis bewege und wieder zu A
> zurückgelange. Dann habe ich ja ein E*ds = U ungleich 0. Zugleich liegt
> dann aber eine Spannung zwischen A und demselben Ort A vor, was aber so
> nicht sein kann.

Dass das Integral über geschlossene Kurven verschwindet gilt für 
konservative Felder, wie zum Beispiel für ein elektrostatisches Feld.

Wenn sich das E-Feld zeitlich ändert, gilt das i.d.R. natürlich nicht 
mehr.

von Christoph E. (stoppi)


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Das kann so nicht stimmen. Ich muss ja um die Spannung U auf diese Art 
zu bestimmen die Zeit einfrieren und von einer Momentaufnahme ausgehen. 
Dann berechne ich E*ds und erhalte die Spannung exakt zu dieser Zeit. 
Wenn ich das Integral während fortschreitender Zeit berechne, kommt ja 
Mumpitz raus und das Ergebnis für U hat keinerlei Aussagekraft... Also 
langer Rede kurzer Sinn, das Linienintegral MUSS ich bei veränderlichen 
Feldern natürlich zur gleichen Zeit ausführen. Und dann habe ich eben 
mein besagtes Problem mit U_AA...

von Gerald K. (geku)


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Christoph E. schrieb:
> Wo liegt hier denn bitte mein Denkfehler? Das erinnert mich sehr stark
> an diese Illusion mit der Treppe. Danke im voraus fürs Helfen...

Die Escher Stiege ist ein guter Vergleich. Elektrische Potentiale werden 
durch Gravitationspotentiale ersetzt. Jede Stiege hat ihr eigenes 
Potiential und nur **ein** Potential. Das Potential kann sich allerdings 
mit der Zeit ändern.

von DSGV-Violator (Gast)


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Der TO muß, bevor er sich an beliebig angepassten Formeln vergreift, 
entscheiden, welches Modell er nimmt, eins aus der Elektrostatik, der 
Elektrodynamik, Magnetostatik, etc. ...

Wenn ich mich recht erinnere, liegt bei der allgemeinen Beschreibung der 
elektromagnetischen Phänomene durch die Maxwell-Gleichungen eine 
"doppelte Wirbelverkopplung von elektrischen und magnetischen Feld" vor, 
die eben die analytische Lösung des Differentialgleichungssystem 
schwwierig macht.

So etwa wie "Um die elektrische Feldstärke zu ermitteln muss man die 
Geometrie und deren Änderung des Magnetfeldes kennen, die aber wiederum 
von der elektrischen Feldstärke abhängig ist" also wie eine Katze, die 
sich selbst in den Schwanz beisst.

Deshalb hat man für viele Fälle "vereinfachte Spezialgleichungen" 
entwickelt. Beispielsweise ohne zeitliche Änderungen. Zeitliche 
Änderungen hat der TO aber über den von ihn genannten Term dB/dt in der 
Rechnung.

Ein korrekter Ansatz könnte sein, die mglw. vorhandenen Periodizitäten 
und Gleichgewichts- ( aka Eingeschwungene) Zustände zu berücksichtigen. 
Dazu muß man klären, was hier 'Plasmatoroid' bedeudet; wie man 
beispielsweise die innewohnenden Symmetrien ausnutzt, um die 
Ladungsverteilung im Plasma als ionisiertes Gas darzustellen.

https://www.sciencedirect.com/topics/physics-and-astronomy/toroidal-plasmas

Ich geh aber davon aus, das eine solche Aufgabe das Niveau dieses Forums 
deutlich übersteigt. Frag mal lieber an einer 
Hochschule/Doktorandencollege
da wird das anklingende Thema "Tokamak und andere Formen das 
selbststabilisierenden Plasmaeinschluß" kompetent behandelt.

Hier 'verrecken' solche Diskussionsansätze an dem "Niveau Stammtisch":
 * Beitrag "Fusionsreaktor in 10 Jahren einsatzbereit ?"
 * Beitrag "Kernfusion durch extremes elektr. Feld - möglich oder nicht?"
 * Beitrag "Fusionsreaktor Wendelstein 7-X. Ein Schritt in die Zukunft?"

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Christoph E. schrieb:
> Wo liegt hier denn bitte mein Denkfehler?

Das B-Feld entsteht durch die relativistische Verzerrung des E-Feldes 
von bewegten Ladungsträgern. Ist das E-Feld dadurch verzerrt, wird aber 
ohne die Verzerrung zu berücksichtigen über den Kreisweg integriert, 
erhält man die induzierte Spannung durch die Magnetfeldkomponente.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Christoph E. schrieb:
> Wo liegt hier denn bitte mein Denkfehler?

Im Prinzip hast du eine Induktion 2. Art. Hier [1] ist ein sehr schönes 
Bild für deinen betrachteten Fall.

[1] https://www.elektroniktutor.de/elektrophysik/indukt.html

von Christoph E. (stoppi)


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Vielen Dank für eure Antworten...
Danke, Joe, genau das ist der von mir beschriebene Fall.
In der obigen Skizze wird entlang des Rands integriert, in der Skizze 
unten gibt es die Aussparung fürs Voltmeter.

Ich blicke ehrlich gesagt aber noch immer nicht durch,wie mein 
vermeintlicher Widerspruch gelöst werden kann. Ist meine Formel für die 
Spannung so nicht anwendbar entlang eines geschlossenen Wegs?

Ein schönes praktisches Beispiel ist ja das Betatron, die sog. 
Elektronenschleuder.

von Falk B. (falk)


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Christoph E. schrieb:
> Ich blicke ehrlich gesagt aber noch immer nicht durch,wie mein
> vermeintlicher Widerspruch gelöst werden kann. Ist meine Formel für die
> Spannung so nicht anwendbar entlang eines geschlossenen Wegs?

Frag mal den Herrn Maxwell ;-)

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Christoph E. schrieb:
> Ist meine Formel für die
> Spannung so nicht anwendbar entlang eines geschlossenen Wegs?

Doch, sie ist schon anwendbar...

von Christoph E. (stoppi)


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Danke Joe, aber wie kann das geschlossene Integral E*ds = 0 sein, wenn 
ich ein Wirbelfeld habe und ich mich zum Beispiel auf einer Kreisbahn 
mit E = konstant bewege? Dann ist das geschlossene Integral ja durch E 
parallel zu ds gleich E*2*r*Pi und dies ist ungleich 0?

Es ist eben wie mit der in sich geschlossenen Treppe, wo man trotz der 
Stufen wieder am Ausgangsort ankommt. Im Gravitationsfeld ist ja die 
Gesamtarbeit bei einer geschlossenen Bahn mit Anfangsort = Endort auch 
0. Hier im elektrischen Feld durch E*2*r*Pi aber scheinbar nicht...

: Bearbeitet durch User
von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Wir können ja mal über den Satz vob Stokes nachrechnen ...

von Diode E. (c2h5oh)


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Wenn du ein Wirbelfeld hast, dann kannst du das elektrische Feld E nicht 
durch ein Potential darstellen. Ein Wirbelfeld zeichnet sich unter 
anderem gerade dadurch aus, dass das geschlossene Linienintegral nicht 
verschwindet.

Deine ursprüngliche Schlussfolgerung ist völlig korrekt: wenn du das E 
Feld im Kreis integrierst erhältst du eine Energie pro Ladung (eine 
Spannung). Ein Teilchen auf so einer Bahn wird also am Ende der 
Umdrehung schneller sein als am Anfang da es beschleunigt wurde. Das ist 
völlig im Einklang mit Maxwell und in der Tat ein bisschen wie das 
Treppenbeispiel aus dem Bild.
In der newtonschen Mechanik mit einem Gravitationspotential ist das 
unmöglich, da Kraftfelder von Potentialen per Definition konservativ 
sein müssen (d.h. deren Rotation muss Null sein, sonst könnten sie ja 
nicht von einem Potential abstammen). Bei E Feldern ist das gemäss 
Induktionsgesetz nur dann der Fall, wenn dB/dt Null ist.
Die Energie zur Beschleunigung der Ladung dazu kommt aus dem Magnetfeld 
da die bewegte Ladung wieder einen Strom darstellt der dem Magnetfeld 
entgegen wirkt. Um das dB/dt aufrecht zu erhalten muss man also von 
aussen also mehr Energie ins Magnetfeld stecken als wenn keine bewegte 
Ladung herumfliegen würde.

von Christoph E. (stoppi)


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@Joe: Du schreibst rot E = 0. rot E ist aber eben nicht 0 sondern 
-dB/dt!

Mit dem Satz von Stokes folgt daher: Linienintegral E*ds = -d/dt 
Flächenintegral B*dA. Dies ist ja genau das Faraday'sche 
Induktionsgesetz...

@Diode: Vielen Dank für deinen Kommentar. Jetzt dämmert es mir schön 
langsam...

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Christoph E. schrieb:
> Danke Joe, aber wie kann das geschlossene Integral E*ds = 0 sein, wenn
> ich ein Wirbelfeld habe und ich mich zum Beispiel auf einer Kreisbahn

Wie gesagt: Das Integral über geschlossene Kurven in einem Vektorfeld 
verschwindet genau dann, wenn die Rotation überall verschwindet.

Bei einem zeitlich veränderlichen E-Feld ist das aber nicht mehr 
gegeben: Integrale über geschlossene Kurven verschwinden dann in der 
Regel nicht mehr.

von Christoph E. (stoppi)


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@Johann: Danke... Das Integral E*ds ist eben in meinem Fall ungleich 0, 
da ja rot E nicht verschwindet, sondern gleich dB/dt ist, was in meinem 
Beispiel eben ungleich 0 sein soll.

Das E-Feld muss nicht einmal zeitlich veränderlich sein. Das dB/dt kann 
ja (zumindest in gewissen Grenzen) zeitlich konstant sein. Dann ist auch 
das elektrische Wirbelfeld zeitlich konstant und rot E auch ungleich 
0...

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Vielleicht wird's mit einer Probeladung klarer:

Stell dir vor, du bewegst eine elektrische Probeladung Q in einem Feld. 
"Probeladung" bedeutet dabei, dass die Lagung so klein ist undso langsam 
bewegt wird, dass sie im Verglech zum vorherrschenden Feld 
vernachlässigt werden kann.

Wird Q in einem wirbelfreien Feld auf einer Kreisbahn geführt, brauch 
man insgesamt keine Energie aufzuwenden.  Ungefähr so, wie man die 
potenielle Energie, die man in aufsteigende Gondeln eines Riesenrads 
steckt, bei deren Absteigen wieder rückerhalten wird.  Wenn nur eine 
Gondel vorhanden ist, und man wenn die Gondel ganz oben ist die 
Erdbeschleunigung ändert, dann kommt man mit der aufgewendeten Energie 
idR nicht mehr bei Null raus.

Genauso ist das mit einem E-Feld: Um Q darin zu bewegen wird idR Energie 
benötigt oder frei, und nur wenn rot E = 0 kommt man am Ende auf 
ausgeglichene Energiebilanz.

: Bearbeitet durch User
von T.U.Darmstadt (Gast)


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DSGV-Violator schrieb:
> Doch, kann sein wenn es nicht zum gleichen Zeitpunkt ist. Dann ist es
> nämlich keine Spannungsunterschied sondern eine (zeitliche)
> Spannungsänderung.

Das stimmt so nicht. Ersteres in ein reines Umlaufintegral über den Weg 
undberücksichtigt alle Zustände zu EINEM Zeitpunkt. Wollte man die Zeit 
ins Spiel bringen braucht es noch die Abhängigkeit von ds/dt, also die 
Produktintegration von E x v(t) dt und damit die Funktion ds = f (v(t)) 
dt x ds/dt als Kreuzprodukt.

... oder so ähnlich ...

von Christoph E. (stoppi)


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Ich packe einmal die Frage zum Thomsonschen Ringversuch einmal hier her, 
da ich eigentlich meinen Physikprojekte-Beitrag nicht für Fragen 
gebrauchen möchte.

Meiner Meinung nach wird der Ring nur während steigender Flussdichte 
abgestoßen, danach wieder angezogen. Meine Erklärung: Wenn der Strom 
durch die Spule zum Beispiel einem Sinus zwischen 0 und Pi folgt, so ist 
das resultierende Magnetfeld während der gesamten Zeit immer GLEICH 
gerichtet, da sich ja die Richtung des Stromflusses nicht ändert.

Bei der induzierten Spannung im Ring ist dies aber anders. Im Intervall 
0 bis Pi/2 ist d/dt phi > 0 und die induzierte Spannung erzeugt im Ring 
einen Strom, dessen Magnetfeld dem Spulenmagnetfeld entgegengesetzt ist. 
Der Ring wird abgestoßen.

Im Intervall Pi/2 bis Pi ist aber nun d/dt phi < 0 und daher polt sich 
die Induktionsspannung und daher der Induktionsstrom im Ring um. Demnach 
muss sein Magnetfeld nun genau anders herum gepolt sein im Vergleich zum 
ersten Intervall. Dies bedeutet aber, dass der Ring nun angezogen wird, 
da Nord- auf Südpol trifft.

Falk hat geantwortet:

> Weil die Lenzsch'e Regel immer wirkt, d.h. der Ring wird
> polaritätunabhängig abgestoßen. Die meisten Relais ziehen den Anker auch
> polaritätsunabhängig an.

Ja, die Lenzsche Regel wirkt immer, aber das muss nicht immer bedeuten, 
dass das durch Induktion erzeugte Magnetfeld eine Abstoßung bewirkt. Es 
kann auch Anziehung erfolgen.

Einfaches Beispiel: Ich nähere einen Magneten mit dem Südpol voraus 
einer Spule. Durch den steigenden magnetischen Fluss wird nun in der 
Spule eine Spannung induziert. Diese Spannung erzeugt einen Strom und 
dieser Strom ein Magnetfeld. Dieses ist so ausgerichtet, dass dem sich 
nähernden Südpol die Spule einen Südpol entgegensetzt. Es erfolgt 
Abstoßung.

Was ist aber, wenn man den Magneten von der Spule wieder entfernt? Dann 
sinkt der magnetische Fluss und daher wird eine entgegengesetzt zu 
vorher  induzierte Spannung erzeugt. Das bedeutet, nun bildet sich dem 
sich entfernenden Südpol ein Nordpol aus, der die Entfernung des 
Magneten verhindern möchte. Es erfolgt also Anziehung bei der 
Entfernung...

von Falk B. (falk)


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Christoph E. schrieb:

> Meiner Meinung nach wird der Ring nur während steigender Flussdichte
> abgestoßen, danach wieder angezogen. Meine Erklärung: Wenn der Strom
> durch die Spule zum Beispiel einem Sinus zwischen 0 und Pi folgt, so ist
> das resultierende Magnetfeld während der gesamten Zeit immer GLEICH
> gerichtet, da sich ja die Richtung des Stromflusses nicht ändert.

Man muss zwischen dem Magnetisierungsstrom und transformierten Laststrom 
unterscheiden, so wie beim Asynchronmotor oder Spaltpolmotor. Beide sind 
90° phasenverschoben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Spaltpolmotor#Funktion

von Christoph E. (stoppi)


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Die Phasenverschiebung von 90° erhält man offensichtlich wegen B_primär 
proportional Stromstärke I und B_sekundär proportional zu d/dt phi = 
d/dt B_primär. Das erklärt aber mMn nur auch, dass eben das Magnetfeld 
im Aluring nach 90° sich umpolt. Es hat nämlich dann bei 90° eine 
Nullstelle und das erzeugende Magnetfeld (B_primär) hat bei 90° ein 
Maximum, so wie ich es eigentlich oben skizziert habe...

: Bearbeitet durch User
von Christoph E. (stoppi)


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Heute bin ich wieder über den Cavendish-Versuch zur Bestimmung der 
Gravitationskonstante G gestolpert. Ich habe ja bei meinem Experiment 
versucht aus der geänderten Gleichgewichtslage des Torsionspendels G 
auszurechnen. Man kann aber auch über die zu Beginn gleichmäßig 
beschleunigte Bewegung der Massen m am Torsionspendel G bestimmen.

Hier gibt es eine Herleitung dazu: 
https://uol.de/f/5/inst/physik/ag/vlex/download/mia_gravwaage.pdf

Jetzt steht da in der Herleitung:

Für die Messung der Beschleunigung ist die erste Überlegung einfach: F = 
m*a.

Dies wird in die Gleichung für die Gravitationskraft eingesetzt, wobei 
diese doppelt wirkt, da zwei Kugelsysteme gekoppelt sind: m*a = 
2*G*m*M/b².

Diese Verdopplung der Kraft ist ja nachvollziehbar. Denn würde zum 
Beispiel auf einer Seite die schwere Masse M fehlen, so würde die kleine 
Masse m dort dennoch beschleunigt werden, da sie ja über das 
Torsionspendel mit der zweiten Masse m gekoppelt ist. So weit so gut.

Wenn ich nun aber dies mittels der Rotationsgleichung T - R * phi = I * 
alpha  herleiten möchte, erhalte ich nur m*a = 1 * G*m*M/b² und eben 
nicht 2*...

Wo liegt hier der Fehler bei meiner Herleitung? Danke im voraus für eure 
Bemühungen.

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Es handelt sich um eine Drehbewegung, d.h. man hat eine von der 
Auslenkung abhängiges Drehmoment und Winkelbeschleunigung.

Herleitung findet sich zum Beispiel bei Wikipedia, wobei ich die 
Herleitung in der englischen Version klarer finde:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gravitationswaage#Rechnung

Der Winkel (in Abhängigkeit von der Zeit) wird üblicherweise über Laser 
+ einen am Drehpendel befestigten Spiegel bestimmt.

: Bearbeitet durch User
von Christoph E. (stoppi)


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Hallo Johann, danke für deine Anmerkungen. Der Versuchsaufbau ist mir 
bekannt, habe ihn ja selbst auch durchgeführt ;-)

Link: 
https://stoppi-homemade-physics.de/gravitationskonstante-cavendish/

Mir geht es wie gesagt um die Versuchsdurchführung, wo durch die 
anfänglich gleichmäßig beschleunigte Bewegung der Massen m die 
Gravitationskonstante G bestimmt wird.

Laut link 
(https://uol.de/f/5/inst/physik/ag/vlex/download/mia_gravwaage.pdf) gilt 
für die Beschleunigung: m*a = 2*G*m*M/b²

Wenn ich die Beschleunigung über das wirkende Drehmoment T herleite, 
erhalte ich indes nur m*a = 1*G*m*M/b² und ich weiß eben nicht, wo genau 
mein Fehler liegt. Habe meine Herleitung oben mitangehängt. Vielleicht 
mag sich ja jemand von euch die kurz durchsehen und findet den Fehler. 
Danke...

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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So wie in der Zeichnung hast Du die Massen zweimal und die Kraefte 
zweimal. Symmetrisch. Deine Loesung passt genau zu Deiner Zeichnung.

von Christoph E. (stoppi)


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Danke, Dieter. Und wie kommt man dann wie im link bei gleicher Anordnung 
zur doppelten Kraft? Einer von uns beiden (link oder ich) muss sich 
irren...

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Christoph E. schrieb:
> zur doppelten Kraft?

Weil Du nur einen Torsionsfaden hast. Den mit der Halterung nur an einem 
Punkt gegen Herunterfallen und Verdrehen als "Gegenkraft" fixiert hast.

von Manfred L. (egonotto)


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Hallo,

ich denke Deine Rechnung in Cavendish_244.jpg ist richtig und es gilt 
m*a = FG.
Die doppelte Kraft im Link ist falsch.
Schau Dir mal die von Johann L empfohlene Seite
https://en.wikipedia.org/wiki/Cavendish_experiment
an. Dort ist die Berechnung gut erklärt.

MfG
egonotto

: Bearbeitet durch User
von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Genaugenommen müßtest Du zur Kraft die Momente dazu zeichnen.

Dann hast Du auf jeder Seite ein Moment. Gegenüber der Fadenaufhängung 
addieren sich diese.

von Christoph E. (stoppi)


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Ich habe auch das wirkende Moment als Summe der beiden Teilmomente auf 
jeder Seite (F_g * d) angesetzt. Das ergibt dann 2  F_g  d als 
gesamtmoment. Dies stimmt auch mit dem Wikipediabeitrag überein...
Wenn man sich die andere "Herleitung" mit m*a = 2*F_g anschaut, klingt 
das aber aufgrund der Kopplung der beiden Massen auch irgendwie 
plausibel. Irgendwo ist da der Hund begraben...

: Bearbeitet durch User
von Manfred L. (egonotto)


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Hallo,

die Anziehungskraft, die zwischen der kleinen Masse und der großen Masse 
wirkt, wird nicht plötzlich doppelt so groß, weil "weit" entfernt noch 
so ein Massenpaar existiert.

MfG
egonotto

von Christoph E. (stoppi)


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Das nicht aber durch die Kopplung der Stange erhält jede Masse quasi die 
Bewegung der anderen mit und das würde die Beschleunigung verdoppeln. 
Wenn auf einer Seite zum Beispiel überhaupt keine große Masse M 
vorhanden wäre, kommt es durch die Kopplung trotzdem zu einer 
Beschleunigung. Von daher erscheint mir der Faktor 2 durchaus 
nachvollziehbar...

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Christoph E. schrieb:
> Das nicht aber durch die Kopplung der Stange erhält jede Masse quasi die
> Bewegung der anderen mit und das würde die Beschleunigung verdoppeln.

Die Trägkeit verdoppelt sich aber auch.

Bzw. modelliert als Torsionsschwingung verdoppelt sich das 
Trägheitsmomet.

von Crazy Harry (crazy_h)


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OT @ stoppi: Mir gefällt deine Seite sehr gut :-), nur das Menü ist 
etwas seltsam .... muß immer 2x klicken. Das ersten mal bleibt der 
Menüpunkt markiert, beim zweiten mal kommt der gewählte Artikel. Kann 
aber auch an Tablet, Android, Opera liegen.

von Christoph E. (stoppi)


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@crazy_h: Danke, steckt auch sehr viel "Arbeit" darin 😉 das Problem mit 
dem doppelten Aufrufen der einzelnen Menüs habe ich auch. Werde mich 
einmal schlau machen, was ich dagegen tun kann...

Zu meiner cavendish-Frage: Dann meint ihr, mein Ergebnis mit m*a=1*F_g 
ist richtig und jenes auf der Website ist falsch? Im Buch "Physik in 700 
experimenten" steht dann aber auch das falsche. Aber eigenartigerweise 
haben die mit der eventuell falschen Formel auch das Experiment 
durchgeführt und erhalten gute Werte für G...

von Manfred L. (egonotto)


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Hallo,

es handelt sich um ein Kräftepaar. Ich zitiere mal aus der Wikipedia:

"Das Kräftepaar besteht

aus zwei gleich großen Kräften,
die zueinander parallel sind, aber
in zwei entgegengesetzte Richtungen wirken.

Ein Kräftepaar, das auf einen starren (nicht deformierbaren) Körper 
wirkt, kann dessen Massenmittelpunkt nicht verschieben, da die 
resultierende Kraft gleich null ist. Kräftepaare können den Körper nur 
um dessen Massenmittelpunkt drehen. Die Wirkung eines Kräftepaares auf 
einen starren Körper entspricht somit der Wirkung eines „Momentes einer 
einzelnen Kraft“, auch als „Kraftmoment“ bezeichnet oder (insbesondere 
in der Physik) als Drehmoment. (Eine Einzel-Kraft kann jedoch auch den 
Massenmittelpunkt verschieben.)"

Vielleicht hilft das.

MfG
egonotto

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Das Problem liegt einfach in dem falschen Ansatz. Das mechanische 
Gesamtgebilde führt eine Drehbewegung aus. Der Impulssatz gilt jedoch 
nur für eine Punktmasse oder Verbände von Massepunkten bei Translation. 
Soll die Bewegungsgleichung korrekt hergeleitet werden, so ist der 
Ansatz mit dem DIS korrekt, wobei angreifende äußere Momente durchaus 
mit dem IS ermittelt werden können. Wie der Zirkelschluss beim DIS 
zeigt, stehen Trägheitskraft und Gravitationskraft jeder Einzelmasse im 
Gleichgewicht

von Christoph E. (stoppi)


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Hallo Joe!

Vielen Dank. Deine Herleitung deckt sich mit meiner Rechnung. Also bist 
du der Überzeugung, dass mein/dein Ergebnis mit m*a = 1*F_G stimmt und 
jenes im Buch falsch ist?

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Ja, der Ansatz im Buch ist nicht korrekt. Ein ähnlicher Fehler würde 
entstehen, wenn ich die Bewegungsgleichung eines Zylinders auf einer 
schiefen Ebene nur über den IS herleiten würde und die Rotation nicht im 
DIS berücksichtigen würde.

von Christoph E. (stoppi)



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Hallo!

Ich hätte da wieder eine Frage. Auf der österreichischen 
Verkaufsplattform willhaben bin ich auf ein Maxwellrad gestoßen. Dieses 
habe ich mir gekauft und zugleich einige theoretische Überlegungen zur 
Bewegung angestellt.

Beim langsamen "Fall" des Maxwellrads handelt es sich ja um eine 
gleichmäßige Beschleunigung a. Mittels Energieerhaltungssatz (E_pot = 
E_kin + E_rot) komme ich auf eine Beschleunigung a = m * g / (m + 
I_S/r²).

I_S ist das Trägheitsmoment des Kreisels um den Schwerpunkt.

Möchte ich aber die Beschleunigung über das wirkende Drehmoment T 
berechnen, komme ich auf eine Beschleunigung a = m * g / (2*m + I_S/r²).

Dabei habe ich extra die durch die Fallbewegung mit a reduzierte Kraft F 
= m * (g - a) berücksichtigt. Würde ich dies nicht tun, also F = m * g 
verwenden, käme das richtige Ergebnis raus.

Vielleicht kann mir ja jemand von euch erklären, warum meine Formel mit 
dem Drehmoment falsch ist trotz der Berücksichtung von a. Danke im 
voraus...

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Bei der Bewegung des Maxwellrades handelt es sich um eine 
zusammengesetzte Bewegung aus Rotation und Translation. Du mußt also den 
Drehimpulssatz UND den Impulssatz für die Bewegungsgleichung verwenden. 
Beide können über die Rollbedingung miteinander verknüpft werden (siehe 
PDF im Anhang). Somit kommt selbstverständlich die gleiche Lösung wie 
beim Energieerhaltungssatz raus.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Es gibt sogar eine noch einfachere Lösung, die Drehbewegung um den 
Momentanpol.

von Christoph E. (stoppi)


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Vielen lieben Dank Joe für deine Bemühungen und Erklärung. Werde mir die 
Sache genau anschauen ;-)

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