Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kondensator-(nicht-)Entladung anhand Ladungsträgerverschiebung erklären?


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von Lutz V. (lutz_vieweg)



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Vielleicht wäre das eher eine Frage für ein Physik-Forum, aber ich 
probiere es zuerst mal hier:

Die in den anhängenden Diagrammen gezeigte Abfolge, bei der zunächst 
zwei Kondensatoren unabhängig voneinander an einer Spannungsquelle 
geladen werden, dann von der Spannungsquelle getrennt werden, und danach 
in Reihe geschaltet werden, ist für die Zeitpunkte t=0, t=1 und t=2 
leicht verständlich zu erklären, wenn man für die Ladung der als ideal 
angenommenen Kondensatoren das einfache Modell verwendet, dass die 
Spannungsquelle die Ladungsträger in den Kondensatoren verschiebt, und 
sich zum Zeitpunkt t=2 schließlich etwas mehr Elektronen an den jeweils 
negativen Kondensatorplatten aufhalten als auf der jeweils positiven 
Seite.

Schwieriger wird es bei t=3: Man könnte ja denken, dass sich durch das 
Schließen von S2 die Ladungsträgerdichte zwischen dem negativen Pol von 
C1 und dem positiven Pol von C2 ausgleicht - was sie der praktischen 
Erfahrung nach aber nicht tut - öffnet man S2 wieder, dann hat sich an 
der Spannung von C1 und C2 nichts verändert.

Man könnte das jetzt begründen mit: Über die idealen Voltmeter rechts 
kann kein Strom fließen, daher bleibt die Ladungsträgerdichte am 
positiven Pol von C1 und am negativen Pol von C2 auch nach Schließen von 
S2 unverändert - und entsprechend werden am negativen Pol von C1 und am 
positiven Pol von C2 weiterhin Elektronen der gegenüberliegenden 
Kondensatorplatte angezogen bzw. abgestoßen.

Wenn das aber ausreicht, um keine Elektronen vom negativen Pol von C1 
Richtung positiver Pol von C2 zu verschieben - warum entläd sich dann 
ein Kondensator überhaupt, wenn man ihn kurzschließt? Schließlich liegt 
auch dann ja zunächst die Situation vor, dass die relativ mehr 
Elektronen an der negativen Kondensatorplatte von den relativ mehr 
Protonen an der positiven Kondensatorplatte angezogen werden. Müsste das 
dann nicht genauso einen entladenden Stromfluss zwischen den 
Kondensatorplatten aufhalten, wie es das zwischen C1- und C2+ tut?

Ich vermute, dass man das beobachtbare Verhalten nur plausibel erklären 
kann, wenn man seine Modellvorstellung um die eine Betrachtung der 
statistischen Natur der ständigen Bewegung freier Elektronen in Leitern 
erweitert, aber ich habe noch keine Quelle gefunden, die diesen oder 
einen anderen für mich plausiblen Erklärungsansatz versucht.

Kennt jemand eine gut vermittelbare Erklärung der Ladung- und Entladung 
idealer Kondensatoren anhand von Ladungsträgerverschiebung?

von Marcel V. (mavin)


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Lutz V. schrieb:
> Man könnte ja denken, dass sich durch das Schließen von S2 die
> Ladungsträgerdichte zwischen dem negativen Pol von C1 und dem positiven
> Pol von C2 ausgleicht - was sie der praktischen Erfahrung nach aber
> nicht tut

Weil das Ausgleichsbedürfnis zwischen C1 und C2 fehlt! So ein starkes 
Bedürfnis entsteht nur, wenn sich die beiden Platten innerhalb eines 
Elkos ganz dicht isoliert gegenüberstehen, so dass man beim passenden 
Partner durch die "durchsichtige" Isolierschicht hindurch im 
wesentlichen nur durch zuwinken, Aufmersamkeit erregen kann.

Bei zwei einzelnen räumlich getrennten Elkos klappt das natürlich nicht.

von Michi S. (mista_s)


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Lutz V. schrieb:
> Über die idealen Voltmeter rechts
> kann kein Strom fließen,

Soweit es ideale Voltmeter sind, ist das korrekt, da dann der 
Innenwiderstand unendlich anzunehmen ist, was einer Unterbrechung des 
Stromkreises gleichkommt - ohne Stromkreis kein Stromfluß.


Lutz V. schrieb:
> warum entläd sich dann
> ein Kondensator überhaupt, wenn man ihn kurzschließt?

Weil durch das kurzschließen ein Stromkreis geschlossen wird und deshalb 
Strom fliessen kann.


Lutz V. schrieb:
> dass sich durch das Schließen von S2
> die Ladungsträgerdichte zwischen dem negativen Pol
> von C1 und dem positiven Pol von C2 ausgleicht

Strom will immer im Kreis fließen, darum heißts auch ganz allgemein 
Stromkreis (und die Stromquelle ist grds. Teil desselben) und nie 
Stromstrecke von einem Pol der Stromquelle zum anderen.


Andere Betrachtungsweise wäre: Die überschüssigen Ladungsträger am 
negativen Pol von C1 (positiven Pol von C2) werden von den 
überschüssigen Ladungsträgern entgegengesetzter Polarität am positiven 
Pol von C1 (negativen Pol C2) angezogen, deshalb können sie von dort 
nicht wegfließen, solange nicht auch die am positiven Pol von C1 
(negativen Pol von C2) wegfließen können.

von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

Lutz V. schrieb:

> .....
> Kennt jemand eine gut vermittelbare Erklärung der Ladung- und Entladung
> idealer Kondensatoren anhand von Ladungsträgerverschiebung?

Das beobachtete Verhalten ist ein Trugschluss, ein numerisches Artefakt 
quasi.

Im Bild T=0 und T=2 ist rechts eine Spannung eingezeichnet, die real 
undefiniert ist. Zwischen den beiden Punkten deren Spannung gemessen 
wird, gibt es keinerlei Verbindung. Also kann man über diese Spannung 
keine Aussage machen. Kommt da ein Alfa-Teilchen angeflogen und trifft 
die Messspitze des Voltmeter, können es auch gerne mal 100kV sein.

Entweder hat das Spannungsmessgerät einen großen aber nicht unendlichen 
Innenwiderstand, dann ist die Spannung in diesen Fällen Null, oder aber 
die Schalter haben im offenen Zustand einen endlichen Widerstand oder 
eine parasitäre Kapazität größer Null - egal was davon, es ist in diesen 
Bildern / der Simulation nicht oder nicht sichtbar oder falsch 
berücksichtigt.

Gruß, Roland

von Uwe (neuexxer)


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Bei t3 werden doch nur zwei geladene Kondensatoren in Reihe
geschaltet!?

> ... eine gut (?) vermittelbare Erklärung der Ladung- und Entladung ...

würde ich so geben:

1.) Wird der C geladen (durch eine reale Spannungsquelle),
werden Elektronen von der einen Platte zur anderen verschoben,
so dass sich das sonst vorhandene Gleichgewicht
(mit den Protonen in den Atomkernen)
verschiebt.

2.) Wird er entladen
(real immer über einen kleinen Widerstand / z.B. der Zuleitung),
gleicht sich der Ladungsunterschied wieder aus.

Die Formeln dafür haben wir alle mal gelernt...

https://de.wikipedia.org/wiki/Kondensator_(Elektrotechnik)#Funktionsweise_im_Gleichstromkreis

von Lutz V. (lutz_vieweg)


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Marcel V. schrieb:
> Weil das Ausgleichsbedürfnis zwischen C1 und C2 fehlt! So ein starkes
> Bedürfnis entsteht nur, wenn sich die beiden Platten innerhalb eines
> Elkos ganz dicht isoliert gegenüberstehen, so dass man beim passenden
> Partner durch die "durchsichtige" Isolierschicht hindurch im
> wesentlichen nur durch zuwinken, Aufmersamkeit erregen kann.
>
> Bei zwei einzelnen räumlich getrennten Elkos klappt das natürlich nicht.

Werden die Platten eines zuvor geladenen Kondensators (der an nichts 
angeschlossen ist) durch mechanische Arbeit weiter voneinander entfernt, 
steigt die zwischen den Platten messbare Spannung - das durfte ich vor 
vielen Jahren schon selbst im Praktikum ausprobieren, und kann sicher 
sagen, dass "Bedürfnis" zum Ausgleich der Ladungsträgerdichte zwischen 
den Platten wird dabei keineswegs kleiner, auch nicht bei 1m Abstand.


Michi S. schrieb:
>> warum entläd sich dann
>> ein Kondensator überhaupt, wenn man ihn kurzschließt?
>
> Weil durch das kurzschließen ein Stromkreis geschlossen wird und deshalb
> Strom fliessen kann.

"Stromkreise" sind sicher sehr nützlich als abstrakteres Modell für die 
Beschreibung elektronischer Schaltungen, aber ich suche ja gerade eine 
Erklärung, die auf der grundlegenden Eigenschaft der Ladungsträger 
aufbaut, sich gegenseitig abzustoßen bzw. anzuziehen.

Also übertragen auf die Thermodynamik: Ich möchte nicht Formeln für 
ideale Gase vom Himmel regnen lassen, die irgendwie Druck, Volumen, 
Temperatur in Beziehung setzen, sondern das Verhalten eines Gases aus 
den Eigenschaften/Wechselwirkungen der einzelnen Gasmoleküle erklären. 
Das wäre für viele praktische Anwendungen viel zu umständlich, hilft 
aber enorm beim tieferen Verständnis.

Roland D. schrieb:
> Im Bild T=0 und T=2 ist rechts eine Spannung eingezeichnet, die real
> undefiniert ist. Zwischen den beiden Punkten deren Spannung gemessen
> wird, gibt es keinerlei Verbindung. Also kann man über diese Spannung
> keine Aussage machen.

Bei t=0 und t=2 zeigt das Spannungsmessgerät rechts 0V, aber das ist 
nicht wesentlich für die Frage, man kann das Spannungsmessgerät rechts 
auch einfach weglassen. Wirklich interessant finde ich, warum sich ab 
t=3 nichts an der Spannung der Messgeräte ändert, die an je einem der 
beiden Kondensatoren hängen.

Die Spannungsmesser im Diagramm sind auch eigentlich nur ein (in der 
Realität eher zugänglicher) unvollkommener Ersatz für einen 
"Elektronen-/Protonenzähler", der mir separat für jeweils beide 
Kondensatorpole die genaue Anzahl der im Kondensatormaterial enthaltenen 
Elektronen und Protonen anzeigt.

Dass eine Spannung nur gemessen werden kann, wenn eine Verbindung 
zwischen zwei Punkten hergestellt wird, finde ich eine merkwürdige 
Aussage. Dass ein Plattenkondensator - dessen Platten ja auch gern weit 
auseinanderstehen können - eine Spannung zwischen seinen Polen haben 
kann, ist doch unstrittig, oder? Und so ein Plattenkondensator kann 
durchaus eine größere "Lücke" zwischen seinen Platten haben als ein 
Schalter.

Uwe schrieb:
> Die Formeln dafür haben wir alle mal gelernt...

Ja, aber "Formeln" erklären nicht. Wenn jemand fragt, warum die Sonne 
heiß ist, und ich antworte mit E=m*c^2, dann mag das zwar eine 
zutreffende und irgendwie mit dem Geschehen in Verbindung stehende 
Formel sein, aber der Fragende weiss danach immer noch nicht, warum 
dieser Materieklumpen da einfach so heiß wird.

: Bearbeitet durch User
von Peter H. (rattenfaenger)


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Lutz V. schrieb:
> "Stromkreise" sind sicher sehr nützlich als abstrakteres Modell für die
> Beschreibung elektronischer Schaltungen, aber ich suche ja gerade eine
> Erklärung, die auf der grundlegenden Eigenschaft der Ladungsträger
> aufbaut, sich gegenseitig abzustoßen bzw. anzuziehen.

Dann mußt Du auch Ladungsträger in deinen Darstellungen verwenden und 
nicht nur Spannungsführende Leitungen.
Erklärungen gibt es zu Haufe in guten Lehrbüchern. Ich habe mindestens 3 
im Schrank stehen. Hier ein Beispiel aus dem WWW :
" https://www.elektrotechnik-fachbuch.de/e_grundlagen_kap_07_1v2.html "

Lutz V. schrieb:
> Werden die Platten eines zuvor geladenen Kondensators (der an nichts
> angeschlossen ist) durch mechanische Arbeit weiter voneinander entfernt,
> steigt die zwischen den Platten messbare Spannung

Das ist falsch. Auszug aus dem genannten Beispiel:
"Neben der Plattenfläche beeinflusst der Plattenabstand d die von den 
Platten aufnehmbare Ladungsmenge. Die sich gegenüberliegenden Ladungen 
der Kondensatorplatten üben eine gegenseitige Anziehungskraft 
aufeinander aus. Ist der Plattenabstand klein, so ist die Kraft größer 
und es werden zusätzliche Ladungen auf die Platten gezogen.

Lutz V. schrieb:
> Die Spannungsmesser im Diagramm sind auch eigentlich nur ein (in der
> Realität eher zugänglicher) unvollkommener Ersatz für einen
> "Elektronen-/Protonenzähler", der mir separat für jeweils beide
> Kondensatorpole die genaue Anzahl der im Kondensatormaterial enthaltenen
> Elektronen und Protonen anzeigt.

"unvollkommener Ersatz der mir die genaue Anzahl"
Erkennst Du den Widerspruch? Du kannst Kapazitäten nicht nur an Hand der 
Spannungen definieren.

: Bearbeitet durch User
von John B. (craftsman)


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Lutz V. schrieb:
> Schwieriger wird es bei t=3: Man könnte ja denken, dass sich durch das
> Schließen von S2 die Ladungsträgerdichte zwischen dem negativen Pol von
> C1 und dem positiven Pol von C2 ausgleicht

Nein, das kann man sich nicht denken(, es wäre ein verrückter Gedanke :) 
). Dass Strom fliesst ohne dass ein geschlossener Stromkreis vorliegt, 
ist undenkbar.

Oder anders erklärt: Es kann keine Ladung von einem Kondensatoranschluss 
zum anderen Kondensator fliessen, da diese Ladung von der Gegenladung 
des anderen Pols des selben Kondensators mit Hilfe des elektrischen 
Feldes im Kondensator gehalten wird.

von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

Lutz V. schrieb:

> Roland D. schrieb:
>> ...
> Die Spannungsmesser im Diagramm sind auch eigentlich nur ein (in der
> Realität eher zugänglicher) unvollkommener Ersatz für einen
> "Elektronen-/Protonenzähler", der mir separat für jeweils beide
> Kondensatorpole die genaue Anzahl der im Kondensatormaterial enthaltenen
> Elektronen und Protonen anzeigt.

Und genau da liegt der kapitale Denkfehler. Die Anzahl von 
Ladungsträgern in einem Metallteil (Kondensatorplatte) hat schlicht 
nichts mit der Spannung zu tun.

Beispiel: Vier Platten isoliert voneinander übereinander liegend, also 
ein Kondensator mit vier Platten. Am Anfang erst mal alle kurzschließen 
und dann die Schalter wieder öffnen. Ich messe die Spannung zwischen den 
beiden mittleren -> Null. Jetzt lege ich zwischen der untersten und der 
obersten 3V an. Und messe wieder -> 1V zwischen den beiden mittleren.

Und das, obwohl die beiden mittleren Platten nie irgendwo angeschlossen 
waren ergo sich die Anzahl der Ladungsträger auf diesen beiden Platten 
nicht geändert haben kann.

Also: Spannung und Ladung sind zwei verschiedene Sachen. Die Spannung 
einer Kondensatorplatte gegen Erde kann sich auch ändern, ohne dass sich 
die Anzahl der Ladungsträger geändert gaben müsste.Also ohne, dass Strom 
geflossen ist.

Gruß, Roland

von Peter H. (rattenfaenger)


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Lutz V. schrieb:
>> Werden die Platten eines zuvor geladenen Kondensators (der an nichts
>> angeschlossen ist) durch mechanische Arbeit weiter voneinander entfernt,
>> steigt die zwischen den Platten messbare Spannung

 Peter H. schrieb:
> Das ist falsch.

Ich muß mich korregieren
Dass auseinanderziehen geladener Kondensatorplatten verringert die 
Kapazität. Weil Q = C · U ist, und Q konstant, erhöht sich U (Spannung 
wird größer).
Das wird auch praktisch im Experiment vorgeführt. Dabei werden 
Spannungen im KV-Bereich und überdimensionale Kondensatorplatten 
verwendet. Die Wirkung ist eher gering und wird üblicherweise mit einem 
Elektroskop angezeigt und dient als Nachweis für die oben genannte 
Formel.
Ich halte dieses Experiment für wenig geeignet, das Verhalten von 
Ladungen in Kondensatoren mit festen Werten zueinander zu vermitteln. 
Aber die Aussage selbst war richtig, also "sorry" für meine falsche 
Anmerkung.

von Lutz V. (lutz_vieweg)


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John B. schrieb:
> Dass Strom fliesst ohne dass ein geschlossener Stromkreis vorliegt,
> ist undenkbar.

Wenn ich zwei Metallklumpen habe, von denen einer 1000 Protonen und 990 
Elektronen enthält, und einen zweiten, der 1000 Protonen und 1010 
Elektronen enthält, kann ich durch Verbindung der beiden einen Strom 
fließen lassen - ganz ohne "Kreis". Wodurch die zwei Körper irgendwann 
mal unterschiedliche Mengen Elektronen erhielten, ist dabei erstmal 
unerheblich. Die Körper könnten schon seit 1000 Jahren in weitem Abstand 
durch das Weltall geflogen sein, bevor ich sie verbinde.

> Oder anders erklärt: Es kann keine Ladung von einem Kondensatoranschluss
> zum anderen Kondensator fliessen, da diese Ladung von der Gegenladung
> des anderen Pols des selben Kondensators mit Hilfe des elektrischen
> Feldes im Kondensator gehalten wird.

In dem Punkt sind wir uns ja durchaus einig. Ich suche ja nur noch nach 
einer gut nachvollziehbaren Erklärung dafür, dass eben jene Anziehung 
durch die Gegenladung des anderen Pols nicht auch dafür sorgt, dass ein 
einzelner kurzgeschlossener Kondensator sich erst gar nicht zu entladen 
beginnt.

Inzwischen habe ich aber jetzt noch eine Idee, wie man das erklären 
könnte: Dass ein Kondensator sich entläd, wenn man seine Platten direkt 
zwischen den Platten, also auf kürzestem Wege, leitend verbindet, ist 
anschaulich klar, weil die Anziehung auf die Elektronen des negativ 
geladenen Pols genau in die Richtung des anderen wirkt -> sie werden 
sich also über den Leiter in diese Richtung verschieben. Betrachtet man 
jetzt eine weniger direkte leitende Verbindung zwischen den Platten - 
also z.B. mit weitem Umweg über einen Draht außen an den 
Kondensatorplatten vorbei - dann könnte man argumentieren, dass das 
vektorielle Pfadintegral über die von Elektronen an allen Stellen auf 
der gesamten Strecke "empfundene" Anziehung in Summe dem entspricht, was 
auch auf der kürzesten direkten Verbindung zwischen den Platten 
herausgekommen wäre.

Bewusst einfacher formuliert, ohne auf formale E-Feld Vektoranalysis 
zurückzugreifen: Einige Elektronen werden sich vom negativen Pol des 
Kondensators weg verschieben, selbst wenn das einem Draht folgend 
zunächst in entgegengesetzter Richtung zum Weg Richtung positivem Pol 
des Kondensators ist, weil viel mehr andere Elektronen an anderen 
Stellen des Drahtes in Richtung des positiven Pols angezogen werden, und 
damit ein (elektrischer, nicht mechanischer) "Sog" auf die nachfolgenden 
Elektronen im Draht zur Ladungsverschiebung entsteht.

Roland D. schrieb:
> Die Anzahl von Ladungsträgern in einem Metallteil (Kondensatorplatte)
> hat schlicht nichts mit der Spannung zu tun.

Das Konzept der Influenz ist mir durchaus vertraut, es geht mir aber wie 
oben schon erwähnt gar nicht um Spannungen, sondern um den interessanten 
Sachverhalt, dass ein Schließen von S2 keine Ladungsträgerverschiebung 
auslöst. Ob Spannungsmessung (indirekter) oder Ladungsträgerzählung auf 
den Kondensatorplatten (direkter), jeweils vor/nach Schließen von S2, 
beides dient nur dem Nachweis, dass sich durch Schließen von S2 nichts 
verändert.

> Die Spannung einer Kondensatorplatte gegen Erde kann sich auch ändern,
> ohne dass sich die Anzahl der Ladungsträger geändert gaben müsste.

Wenn jemand durch "äußere Einflüsse" das elektrische Feld zwischen 
Kondensatorplatte und Erde verändert, klar. Um solch eine Veränderung zu 
bewirken wurden dann halt andere als die Ladungsträger in der 
Kondensatorplatte verschoben. (Von Magnetfeldern oder der Anziehung der 
Elektronen durch Gravitation oder anderen exotischen Einflüssen mal 
abgesehen.)

: Bearbeitet durch User
von Peter H. (rattenfaenger)


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Lutz V. schrieb:
> Ich suche ja nur noch nach
> einer gut nachvollziehbaren Erklärung dafür

kürzestem Wege; weniger direkte leitende Verbindung; vektorielle 
Pfadintegral; empfundene Anziehung; nicht mechanischer Sog ... dürften 
aber alles verwirrende Formulierungen in diesem Zusammenhang sei.

Eine einfache Erklärung wäre:
Durch anlegen einer Gleichspannung werden die beiden Elektroden 
(Kondensatorplatte) mit entgegengesetzter Polarität aufgeladen. Sie 
nehmen den gleichen Potenzialunterschied an, wie die angelegte Spannung.

Beim abtrennen der Spannungsquelle bleiben die beiden Ladungen erhalten, 
eine positiv und die andere negativ. Sie sind durch das Dielektrikum 
voneinander isoliert. Die elektrostatische Kraft wirkt durch das 
Dielektrikum und bilded die Kapazität. Die positive Ladunge ist dabei 
genau so groß wie die nagative Ladung. In der Summe ist die Ladung 
ausgeglichen und nach außen elektrisch neutral.

Verbindet man zwei geladene Kondensatoren mit jeweils einem leitendenden 
Anschluß, so kann kein Ladungsträgeraustausch stattfinden, sie haben 
untereinander keinen Potienzialunterschied, weil sie elektrisch neutral 
sind.
Verbindet man die beiden leitenden Anschlüsse eines geladenen 
Kondensators, findet ein Ladungsausgleich statt. Der 
Potienzialunterschied der Ladungen wird ausgeglichen.

: Bearbeitet durch User
von Marcel V. (mavin)


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Vielleicht wird es an einem Beispiel deutlicher. Bei einem vollgeladenen 
Elko wird eine Platte entfernt und von Hamburg nach München 
transportiert.

Fall 1:

Beim Verbinden der beiden Platten mit einem 1000km langen supraleitendem 
Draht erhält man nur einen Bruchteil der Energiemenge zurück, als die 
Energiemenge, die man vorher im zusammengebauten Zustand reingesteckt 
hat.

Fall 2:

Erst am nächsten Tag wird die zweite Platte von Hamburg nach München 
nachgeliefert und der (am Vortag in Hamburg vollgeladene) Elko wird in 
München wieder zusammengebaut. Jetzt erhält man beim Verbinden der 
Platten durch einen Draht, die zuvor reingesteckte Energiemenge wieder 
komplett zurück.

von Eduart (Gast)


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Lutz V. schrieb:
> dann nicht genauso einen entladenden Stromfluss zwischen den
> Kondensatorplatten aufhalten, wie es das zwischen C1- und C2+ tut?

Soso, da verweigert einer die Logik der Serienschaltung aka die 
einfachste  Mathematik, 1+1 zusammenzuzählen...

Troll mit unüberwindlichen Defiziten. Nimm Deine Pillen, gute Besserung

von John B. (craftsman)


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Lutz V. schrieb:
> Wenn ich zwei Metallklumpen habe, von denen einer 1000 Protonen und 990
> Elektronen enthält, und einen zweiten, der 1000 Protonen und 1010
> Elektronen enthält, kann ich durch Verbindung der beiden einen Strom
> fließen lassen - ganz ohne "Kreis". Wodurch die zwei Körper irgendwann
> mal unterschiedliche Mengen Elektronen erhielten, ist dabei erstmal
> unerheblich. Die Körper könnten schon seit 1000 Jahren in weitem Abstand
> durch das Weltall geflogen sein, bevor ich sie verbinde.

Nein. Da fliesst sehr wohl ein Strom im Kreis. In deiner Beschreibung 
fehlt der Kreis. Mal dir das Gedankenexperiment auf und zeichne bitte 
ALLE Kapazitäten ein. Mit unvollständig durchdachten 
Gedankenexperimenten verwirrst du dich nur.

Wenn du alle Kapazitäten eingezeichnet hast, ist auch zu erkennen, dass 
dieses Gedankenexperiment in seiner Struktur überhaupt nicht der von dir 
oben gezeigten Schaltung entspricht.

Lutz V. schrieb:
> Ich suche ja nur noch nach
> einer gut nachvollziehbaren Erklärung dafür, dass eben jene Anziehung
> durch die Gegenladung des anderen Pols nicht auch dafür sorgt, dass ein
> einzelner kurzgeschlossener Kondensator sich erst gar nicht zu entladen
> beginnt.

"Jene Anziehung durch die Gegenladung" ist eine untaugliche, weil 
unvollständige Beschreibung für eine detaillierte Betrachtung. Die 
Anziehung geschieht durch das elektrische Feld zwischen Ladung und 
Gegenladung. Sobald du zwischen den Anschlüssen des Kondensators einen 
Draht anschliesst, befindet sich auch in diesem das elektrische Feld. 
Der Umweg über den Draht ist irrelevant, da nicht die räumliche Nähe 
selbst anziehend wirkt, sondern das elektrische Feld.

von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

Marcel V. schrieb:
> Vielleicht wird es an einem Beispiel deutlicher. Bei einem vollgeladenen
> Elko wird eine Platte entfernt und von Hamburg nach München
> transportiert.
>
> Fall 1:
>
> Beim Verbinden der beiden Platten mit einem 1000km langen supraleitendem
> Draht erhält man nur einen Bruchteil der Energiemenge zurück, als die
> Energiemenge, die man vorher im zusammengebauten Zustand reingesteckt
> hat.

Man bekommt mehr. Man bekommt das, was man an Anfang elektrisch 
reingesteckt hat plus das, was man an mechanischer Arbeit leisten 
musste, um die sich anziehenden Kondensatorplatten auseinanderzubewegen.

Gruß, Roland

von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

Lutz V. schrieb:
> Inzwischen habe ich aber jetzt noch eine Idee, wie man das erklären
> könnte: Dass ein Kondensator sich entläd, wenn man seine Platten direkt
> zwischen den Platten, also auf kürzestem Wege, leitend verbindet, ist
> anschaulich klar, weil die Anziehung auf die Elektronen des negativ
> geladenen Pols genau in die Richtung des anderen wirkt -> sie werden
> sich also über den Leiter in diese Richtung verschieben. Betrachtet man
> jetzt eine weniger direkte leitende Verbindung zwischen den Platten -
> also z.B. mit weitem Umweg über einen Draht außen an den
> Kondensatorplatten vorbei - dann könnte man argumentieren, dass das
> vektorielle Pfadintegral über die von Elektronen an allen Stellen auf
> der gesamten Strecke "empfundene" Anziehung in Summe dem entspricht, was
> auch auf der kürzesten direkten Verbindung zwischen den Platten
> herausgekommen wäre.

Richtig. Dazu muss man aber noch bedenken, dass die Elektronen nicht nur 
zu positiven Platte hin wollen, sondern auch noch von der negativen 
Platte weg wollen.

Wenn also unten positive Platte und oben negative mit Anschlussdraht in 
der Mitte nach oben zeigend, dann werden die Elektronen im Draht von der 
positiven Platte nach unten gezogen und von der negativen Platte nach 
oben gedrückt. Die negative Platte ist aber dichter dran. Deren 
Kraftwirkung überwiegt.

Gruß, Roland

von Eduart (Gast)


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John B. schrieb:
>> Elektronen enthält, kann ich durch Verbindung der beiden einen Strom
>> fließen lassen - ganz ohne "Kreis".

> Nein. Da fliesst sehr wohl ein Strom im Kreis.

kloppt Euch um und in dem Kreis - ich hol schon mal das Popcorn ;)

von Marcel V. (mavin)


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Eduart schrieb:
> ich hol schon mal das Popcorn ;)

Ja, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo man sich rechtzeitig um Popcorn 
und Chips kümmern sollte, denn hier werden die Phänomene von statischer 
und dynamischer Elektrizität miteinander vermischt.

von Eduart (Gast)


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Marcel V. schrieb:
> Elektrizität miteinander vermischt.

die batterielosen Blitzer hier nutzen beides: dynamische Statik.

Beitrag "Re: Blinkschaltung"

da werden Kondensatoren genauso genutzt wozu gebaut

von Marcel V. (mavin)


Angehängte Dateien:

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Eduart schrieb:
> batterieloser Blitzer

Schaltplan zum Bastelprojekt 1521.

von Uwe (neuexxer)


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>> Beim Verbinden der beiden Platten mit einem 1000km langen
>> supraleitendem > Draht erhält man nur einen Bruchteil der
>> Energiemenge zurück, als die Energiemenge, die man vorher im
>> zusammengebauten Zustand reingesteckt hat.

> Man bekommt mehr. Man bekommt das, was man an Anfang elektrisch
> reingesteckt hat plus das, was man an mechanischer Arbeit leisten
> musste, um die sich anziehenden Kondensatorplatten
> auseinanderzubewegen.

Eine ganze Menge der Energie wird dann "verduften",
d.h. von dem Draht abgestrahlt werden...

von Marcel V. (mavin)


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Uwe schrieb:
> Eine ganze Menge der Energie wird dann "verduften",
> d.h. von dem Draht abgestrahlt werden...

Aber zumindest die Energiemenge aus dem Benzin, welches benötigt wurde 
um die Kondensatorplatten mit dem Fahrzeug von Hamburg nach München 
1000km weit auseinanderzuziehen, bekommt man auf der Rückfahrt nach 
Hamburg wieder zurück in den Tank gespeist:

Roland D. schrieb:
> Man bekommt mehr. Man bekommt das, was man an Anfang elektrisch
> reingesteckt hat plus das, was man an mechanischer Arbeit leisten
> musste, um die sich anziehenden Kondensatorplatten auseinanderzubewegen.

Beitrag #7662713 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Eduart (Gast)



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Auch der Mars "bringt verbrauchte Energie sofort zurück"

und das natürliche Nord-Süd Gefälle kann Marsianern etwas helfen

bessere Karten gibts hier als PDF
https://www.gdws.wsv.bund.de/DE/service/karten/01_karten/karten-node.html

von Carypt C. (carypt)


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Hallo Lutz :)
Das Mittelstück zwischen den beiden Kondensatoren hat doch 5-Volt-mal 
die Ladung des Kondensators aufgenommen. Drucklufttechnisch gesprochen, 
die einzelnen Kondensatoren sind mit 5 Volt abgedrückt worden. Wenn ich 
davon ausgehe, daß Kondensatoren "atmen" (sich ausdehen bei 
Spannungsbeaufschlagung (Keramikondensatormikrofonie)) so müßte das 
Mittelstück unter Druck stehen.
Plus und Minus gleichen sich zwar aus, aber das Mittelstück ist immer 
noch auf 5Volt (Atmungs-)Druck gegenüber einem externem Nullpotential.

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