Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Qualität von Weller gestern und heute


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von Laboringenieur (Gast)


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Da hatte ich doch gedacht, ich lege mir nach über 15 Jahren mal wieder 
eine neue Lötstation zu und greife sicherheitshalber zu Altbewährtem, 
was ich kenne und schon auf dem Tisch habe: Eine Weller 1010 mit Display 
und genauer Temperaturmessung statt nur Knopfeinstellung und schickem, 
schlanken Kolben.

Denkste!

Die Spitzen lassen sich nicht flüssig einsetzen, der Halter wackelt und 
beim festeren Aufdrücken, gibt alles unangenehm nach. Kann das sein? 
Rückfrage ergab, das es sich um die "Einsteiger-Version" handele und man 
empfahl mir das Profigerät für >500,-! Wieviel muss man heute für einen 
Heißmacher zahlen? Gibt es das?

Ich hatte das Teil ohne große Recherche bestellt, das aber nun 
nachgeholt und was lese ich da im Netz:

Die Dinger werden in Mexico gefertigt, haben reihenweise 
Qualitätsprobleme wie rausfallende Displays, rausbrechende Trafos und 
sich lösende Spitzenhalter, die nicht gut verschraubt sind.

Uff!

Das war ich von der Marke nicht gewohnt!  Warum nur muss immer wieder 
probiert werden, Gewinne zu maximieren indem in Billiglohnländer 
ausgelagert wird? Wie lange glaubt man da, eine über lange Zeit und 
Generationen aufgebaute Marke auslutschen zu können, bevor es der Nutzer 
merkt?

Und welche Entwickler konstruieren so etwas? Alles Billigbachelor 
Maschinenbau ohne Erfahrung nehme ich an. Da scheint es 
Konstruktionsfehler ("Nasen") und Verpackungsfehler "Einschweißen") in 
Massen zu geben, wie Nutzer berichten. Einfach nur erschreckend.

von Andrea B. (stromteam)


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Bei Weller steht aber nichts dergleichen:

"Einfach löten - Weller WE Line
Ein­fach an­schal­ten und löten mit der neuen WE1010 Löt­sta­ti­on."

Ich werde besser meine WECP Temtronik von 1980 weiter nutzen.

von Gerhard O. (gerhard_)


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Die Weller 1010 habe ich aus dem gleichen Grund hergegeben und mir 
anstatt eine japanische Hakko FX-888D gekauft, die einfach gut 
funktioniert und das Gehäuse sehr robust ist. Hitzeleistungsmäßig steht 
sie hinter der JBC nicht viel zurück und schafft so ziemlich alles was 
im Laboralltag notwendig ist. Und ja - Ich habe auch eine JBC.

Die Bedienung der Hakko ist definitiv etwas ungewöhnlich, aber intuitiv 
sobald man sich daran gewöhnt hat. Wer denkt, dass sie wie Spielzeug 
aussieht, dem soll gesagt sein, daß das Design von einem renommierten 
und in Japan hochangesehenen Entwickler stammt. Auch einen Fall auf den 
Boden hält das Gehäuse und Innereien aus. Ich habe jetzt die Hakko schon 
einige Jahre im laufenden Betrieb und sie hat sich gut bewährt. Der 
Lötkolben ist "petit" und liegt angenehm in der Hand. Ich erwähne die 
Hakko aus dem Grund weil sie erstens, japanisch und von extrem 
guterFertigungsqualität ist und zweitens weil ich den Eindruck habe, daß 
Hakko in der EU keinen guten Fuß fassen konnte. Die 1010 ist leider ein 
trauriges Abbild früherer Weller Qualität. Weller hat früher sehr gute 
Lötstationen gebaut, aber die 1010 ist eineBeleidigung des technischen 
Verstands. Die Gehäusekonstruktion ist eine totale Fehlgeburt. Der 
Lötkolben ist im Vergleich zu JBC oder Hakko klobig. Was LCD betrifft 
kann ich nichts dazu sagen. Was enttäuschend ist, daß trotz LCD 
numerischer Anzeigefelder keine zusätzlichen Temperaturen gespeichert 
werden können.

Die Hakko hat nur eine Unterlassungssünde und die ist das Fehlen einer 
Timerabschaltung des Lötkolben. Die 1010 hat wenigstens das. Sonst wäre 
die Hakko genauso perfekt wie die JBC. Was die JBC betrifft finde ich 
persönlich die Analogversion bedienungsfreundlicher. Diese ständigen 
Menüeinstellungen sind krankhaft und eine moderne Unsitte 
zeitgenössischer Designpraktiken. LCDs und Druckknöpfe sind ja so cool. 
Wozu braucht man direkt arbeitende Bedienungselemente wenn es 
umständlich auch geht.

Auf keinen Fall Chinesische Klonspitzen kaufen. Die sind in jeder 
Hinsicht minderwertig und thermisch den Originalspitzen unterlegen. Die 
Toleranzen sind zu groß und ausserdem fehlt die genau passende interne 
Kupferinnenumwandung die für den thermischen Kontakt zwischen Heizkörper 
und Spitze kritisch notwendig sind. Ich kann das messtechnisch belegen. 
Hände weg davon!

Auf keinen Fall Bucht Hakko Klon Stationen kaufen. Die sind mit dem 
japanischen Original nicht vergleichbar und haben total andere 
Elektronik und minderwertige Gehäusematerialien.

Im messtechnischen Vergleich zu einer Analog JBC sind beide Lötkolben in 
der dauerhaften Hitzeabgabe ziemlich gleichwertig. Wenn Dir die Hakko 
nicht gefällt dann kaufe wenigstens eine (Analog) JBC.

: Bearbeitet durch User
von Rainer Z. (netzbeschmutzer)


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Andreas B. schrieb:
> Ich werde besser meine WECP Temtronik von 1980 weiter nutzen.

Besser ist das! Die guten alten Wellers aus Bietigheim sind 
Vergangenheit. Diesen Produktionsort gibt es nicht mehr.

Positiv für Europa: Ein spanischer Hersteller hat die Löttechnik 
entscheidend weiterentwickelt und verbessert, während Weller u.a. im 
Tiefschlaf verharrten: JBC. Beschäftige Dich mal damit und die Stationen 
kosten nicht > 500,00 Euro wie bei Weller, sondern es geht bei etwa der 
Hälfte los.

von </i>blub (Gast)


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Gerhard O. schrieb:
> Auf keinen Fall Bucht Hakko Klon Stationen kaufen. Die sind mit dem
> japanischen Original nicht vergleichbar und haben total andere
> Elektronik und minderwertige Gehäusematerialien.

Bis auf die Netzteile sind die T12 ordentlich.

von Olaf (Gast)


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> Eine Weller 1010 mit Display und genauer Temperaturmessung statt nur
> Knopfeinstellung und schickem, schlanken Kolben.

Tja, hast dich von der unnuetzen Digitalanzeige blenden lassen.

Ich hab die hier:

https://www.reichelt.de/loetstation-ws-81-set-95-w-1-kanal-esd-weller-ws-81-p42544.html

Die hat halt noch alte Qualitaet und man kann sich auch die Loetspitzen 
leisten. Die Teile sind in der Industrie sehr verbreitet.

Die sind sogar so extrem verbreitet das man bei Alieexpress Loetspitzen 
fuer ein Euro bekommt (natuerlich Nachbauten!) und zu meiner grossen 
Ueberraschung scheinen die sogar zu taugen. Jedenfalls hab ich jetzt 
eine 0.2er seit 3Monaten im Einsatz und die sieht noch aus wie am ersten 
Tag.

Wie ich schon 1-2x mal sagte. Es ist dumm Weller pauschal gut oder 
schlecht zufinden. Die haben ein sehr breites Sortiment von gut bis 
oberkacke.

Olaf

von Horst G. (horst_g532)


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Herzlich willkommen im 21. Jahrhundert.
Meine letzten Erfahrungen mit "neuen" Weller-Stationen liegen schon nun 
zwölf Jahre (!) zurück und waren damals schon unter aller Sau; kein 
Vergleich mehr mit dem Standard von vor 40 Jahren (was aber auch schon 
"etwas" länger her ist als "gestern").
Da fand man einen Lötkolbenhalter aus 100% Thermoplast (!), d. h. bei 
jeder Berührung schmilzt ein Teil davon hinfort. Das Kabel zum Kolben 
war von billigster Machart, steif wie Harry und ebenfalls nicht 
temperaturbeständig, die Tasten wirkten und fühlten sich extremst 
minderwertig an, und die viel beworbene automatische Abschaltung des 
Kolbens beim Einlegen in den Halter funktionierte in ca. 50% aller 
Fälle.
Qualität ist offensichtlich seitdem nicht besser geworden; auch wenn ich 
deiner pauschalen Aburteilung des mexikanischen Fertigungsstandorts 
widersprechen muss, denn erfahrungsgemäß lässt sich zunächst prinzipiell 
an jedem Ort der Welt sowohl gute Qualität als auch Schund fertigen – 
einzig ist die Wahl dieses Standorts ein Indiz dafür, dass der 
Hersteller um jeden Preis Kosten reduzieren wollte.

Mein Fazit: Käufe dir eine JBC und werde glücklich. Vergiss Weller; das 
ist nur noch gnadenlos überteuerter, unbrauchbarer Schund.

von Alois (Gast)


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Horst G. schrieb:
> Mein Fazit: Käufe dir eine JBC und werde glücklich. Vergiss Weller; das
> ist nur noch gnadenlos überteuerter, unbrauchbarer Schund.

Oder behalt' deine alte - unabhängig von der Marke.

Meine "Alte" hat nun fast 40 Jahre auf dem Buckel - und tut's immer 
noch...

Ist heute leider so: Alles muss immer billiger werden, immer "geiler" 
aussehen, mit neuem Schnick-Schack aufwarten. Der alte Ramsch muss weg, 
neuer (noch größerer) Ramsch will gekauft werden. Nennt sich 
Wirtschafts-Wachstum...

Früher gab's mal den Spruch: "Wer billig kauft, der kauft zweimal".
Manch einer - auch ich - machten d'raus: "Kauf was Teures, das hällt Dir 
dein Leben lang".

Blos heute stimmt genau das nicht mehr: Heute werden Traumpreise 
aufgerufen - für den letzten Ramsch. Klicki-Bunti-Kernschrott eben. Soll 
ja auch nicht "ein Leben lang" halten...

Ich jedenfalls behält meinen alten Lötkolben. Der hat sogar noch das 
erste Silikon-Kabel dran: Ohne eine einzige Schmauch-Spur und weich wie 
am ersten Tag.

Und Lötspitzen dafür kann man immer noch kaufen, alle Sorten und Rassen. 
Ersatzteile auch - hab ich aber nie groß welche gebraucht. So what?

Alois

von alles muss raus (Gast)


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> Oder behalt' deine alte - unabhängig von der Marke.

> Meine "Alte" hat nun fast 40 Jahre auf dem Buckel - und tut's immer
> noch...

> Ich jedenfalls behält meinen alten Lötkolben. Der hat sogar noch das
> erste Silikon-Kabel dran: Ohne eine einzige Schmauch-Spur und weich wie
> am ersten Tag.

So wie sich das liest bezieht sich das auf einen alten, ungeregelten 
Lötkolben?

von Roland E. (roland0815)


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Wacklige Lötspitzen im Kolben kennen wir jetzt so nicht. Aber wir haben 
auch 2019 die WX-Stationen mit zwei Anschlüssen für Kolben+Zange 
angeschafft. Auch eine WXR3. Das Teil ist als Reworkstation oder bei der 
Prototypenreperatur gut. Kommt halt nicht ganz an eine IR-Station ran. 
Die Abstimmung zwischen den Kollegen hat für die Kolben zugunsten Weller 
ausgeschlagen, die Unterhitzen sind aber von JBC. Weller schafft es mit 
den WX doch einen Tick zackiger nachzuheizen als die JBC, was bei 
problematischen Lötstellen doch nützlich ist.

Weller versucht gerade den Rückstand zu JBC aufzuholen, werden sie aber 
mit einer Entwicklungabteilung in DE und Fertigung in Mexico auf 
absehbare Zeit nicht schaffen. Dazu schwankt die Qualität zu sehr, was 
die Außendienstler in DE aber eher peinlich berührt und zu 
Zugeständnissen bewegt...

Privat habe ich bei der Gelegenheit eine og WS81E aus einem Rückläufer 
zu einem fairen Kurs von 75 Ecken abbekommen. Mit der bin ich als 
Privateer mehr als zufrieden.

von Andreas B. (bitverdreher)


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alles muss raus schrieb:
>> Ich jedenfalls behält meinen alten Lötkolben. Der hat sogar noch das
>> erste Silikon-Kabel dran: Ohne eine einzige Schmauch-Spur und weich wie
>> am ersten Tag.
>
> So wie sich das liest bezieht sich das auf einen alten, ungeregelten
> Lötkolben?

Nein, er redet vermutlich von der Magnastat. Die ist geregelt. Zwar 
etwas speziell (Curie Effekt), aber eben doch geregelt.
Ich finde die nach wie vor gut, obwohl ich meistens mit dem chin. Hakko 
Klon löte.

von Bert K. (Gast)


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Laboringenieur schrieb:
> Das war ich von der Marke nicht gewohnt! Warum nur muss immer wieder
> probiert werden, Gewinne zu maximieren indem in Billiglohnländer
> ausgelagert wird? Wie lange glaubt man da, eine über lange Zeit und
> Generationen aufgebaute Marke auslutschen zu können, bevor es der Nutzer
> merkt?

Nicht ganz richtig gedacht. Hatte vor bleifrei oft mit Weller zu tun, 
war deshalb auch oft im Werk Bietigheim und habe einiges an Internas 
mitbekommen.

Otto Normalo meint immer, in Firmen wird grundsätzlich Geld geschaufelt 
und die bringen dort die Türe des Geldschrankes nicht mehr zu. Falsch 
gedacht. Schon damals hatte Weller gewisse Probleme, bleifrei war damals 
der Rettungsanker, denn nun musste die gesamte Industrie alles nochmal 
neu kaufen.

Nicht selten wird in Billiglohnländer ausgelagert, um nicht unter zu 
gehen. Aus dem gleichen Grund muss die Qualität runter, weil sich Ramsch 
billiger produzieren lässt. Zudem braucht man in einer kurzlebigen 
Branche keine langlebigen Produkte. Wer hier weiterhin langlebig und 
teuer produziert, schaufelt sich sein eigenes Grab.

Hat man z.B. an der WECP gesehen: Unkaputtbar und ohne Firlefanz 
konstruiert für den harten Dauereinsatz in der industriellen Fertigung. 
Dann kam der Gesetzgeber mit bleifrei um die Ecke und die 
hochqualitativen Geräte konnten alle auf den Müll.

Aus dieser Zwangsvermüllung stammen meine beiden WECP, die ich seit 35 
Jahren parallel nutze, weil ich nicht ständig Lötspitzen wechseln will. 
Die beiden Geräte kann ich noch an meine Kinder vererben, natürlich 
zusammen mit einigen Rollen feinstem Bleilot.

von Olaf (Gast)


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> Ich finde die nach wie vor gut, obwohl ich meistens mit dem chin. Hakko
> Klon löte.

Naja, ich hab auch meine meine alte Magnastat parallel zur WS81 noch 
rumstehen.
Sowas will man heute eigentlich nicht mehr:

1. Nur 50W. Das ist im Zeitalter von Bleifrei und Multilayern zuwenig.

2. Der Loetkolben ist relativ dick. Das war frueher noch okay, aber im
SMD Zeitalter auch etwas unschoen wenn man an kleinen Dingen rumprokelt.

3. Jedesmal wenn die schaltet erfaehrt deine Schaltung einen EMV-Test.
Okay, das kann man positiv oder negativ sehen.

4. Unkaputtbar sind die auch nicht. Der Schalter darin ist mittlerweile 
sauteuer geworden und der ist ein Verschleissteil das man so alle 
10-15Jahre ersetzen muss.

Olaf

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