Hallo Gemeinde, In den dunklen Wintertagen habe ich mein altes Hobby wiederbelebt. Erste Aktion: Mein selbstgebautes Netzteil von damals (so Anfang der 80er) in LTspice nachbauen und renovieren weil der +-20V Teil defekt ist. Ich finde, da ist eine gute Möglichkeit sich in die neuen Techniken einzuarbeiten. Anbei der Schaltplan des +-20V-Teils, schon renoviert als LTspice-model mit Dynamischer Last bei 0.4s. Meine Fragen an die Erfahrenen: Kann man das Ding verwenden? (Hat schon mal funktioniert) Wie gut bilden Spice-Simulationen die Realitiät ab? Wie groß sind die Unterschiede bei Verwendung von idealen und realen Bauteilen? (wegen der parasitären R, C und L) Kann man den Spice-Modellen aus dem I-Net trauen? Noch eine Frage zum nicht dargestellten 30V/>5A Teil: Kann man in Spice Bauteiltoleranzen abbilden? Hintergrund: Ich verwende dort 2 parallele TIP147 Darlingtons an dicken Kühlkörpern. In der Realität macht der 2. erst bei Lasten >3A auf. Vorher bleibt der 2. Kühlkörper kalt. In Spice laufen die natürlich parallel. Sind ja auch die gleichen Modelle. Viele Grüße Helmut
>Meine Fragen an die Erfahrenen: >Kann man das Ding verwenden? (Hat schon mal funktioniert) Wozu soll der µA741 sein? Eigentlich sollte diese Schaltung auch ohne diesen Typen+Hühnerfutter funktionieren. >Wie gut bilden Spice-Simulationen die Realitiät ab? Vermutlich rel. gut - es sind hier jedenfalls recht viele begeistert davon ... ;-) >Wie groß sind die Unterschiede bei Verwendung von idealen und realen >Bauteilen? (wegen der parasitären R, C und L) In dieser (rel. niederfrequenten) Schaltung wohl nicht wirklich groß. Evtl. die ELkos könnten mit ihrem ESR eine Rolle spielen - wird aber möglicherweise von LTspice korrekt simuliert. >Kann man den Spice-Modellen aus dem I-Net trauen? Eigentlich schon, wenn ich so die Threads hier aus der Erinnerung hole ... >Noch eine Frage zum nicht dargestellten 30V/>5A Teil: >Kann man in Spice Bauteiltoleranzen abbilden? k.A. >Hintergrund: Ich verwende dort 2 parallele TIP147 Darlingtons an dicken >Kühlkörpern. In der Realität macht der 2. erst bei Lasten >3A auf. >Vorher bleibt der 2. Kühlkörper kalt. In Spice laufen die natürlich >parallel. Sind ja auch die gleichen Modelle. Tja - das ist eben die Realität. Und in der Realität hat jeder Halbleiter so seine individuellen Eigenheiten. Z.b. eben seine Ube, die bei beiden mit Sicherheit unterschiedliche ist. Und somit leit(d)et zuerst dejenige, der die niedrigste Ube braucht zum Stromleiten. Erst bei mehr Strom (wenn Ube steigt) kommt auch der andere zum Zuge, wenn dessen Ube erreicht wird. Wenn aber ein T recht warm wird, dann sinkt dessen nötige Ube zum Durchschalten. D.h., der wärmere von beiden wird immer der Leidtragende sein, also derjenige, der den Hauptstrom trägt. Und wenn der den Hauptstrom trägt, dann wird er noch wärmer, Ube sinkt noch mehr, bekommt noch mehr Ib, und somit noch mehr Ice. Wie Du hoffentlich siehst, ist das so ein Teufelskreis, den man eigentlich vermeiden sollte. Vermeiden geht eigentlich nicht wirklich bei BJT, aber man kann die Effekte reduzieren, indem man niederohmige R's in jede individuelle Emitterleitung einschleift, so daß da zumindest paar 10% der Ube (bei Last) abfallen. Damit wirken die ausgleichend, bzw. die T's sehen dann "gleicher" aus. Mosfets sind da besser dran, wenn es ums reine Schalten geht. Im Linearbetrieb (oberhalb einer bestimmten Spannung) haben die aber daselbe Problem wie BJT.
Die meisten Modelle die man so im I-Net findet sind schon ok und für eher niederfrequente Schaltungen sollte es auch reichen. Für so etwas wie Operationsverstärker werden teils auch sehr vereinfachte Modelle genutzt. Wenn die Modelle Stimmen und auch parasitäre Effekte berücksichtigt werden sind die Simulation meist sehr gut. Vor allem im HF Bereich geht es öfter so, das man die Simulation braucht um Messungen zu verstehen und zu interpretieren, weil direkte Messungen oft nicht möglich sind, schon wegen der Rückwirkungen. Da braucht man dann aber schon gute Modelle, und bestimmt ggf. Modellparameter aus dem Vergleich von Messung und Simulation.
Jens G. schrieb: > Wozu soll der µA741 sein? Eigentlich sollte diese Schaltung auch ohne > diesen Typen+Hühnerfutter funktionieren. Dadurch folgt die positive Hälfte der Schaltung der negativen, so dass die Spannungen — auch wenn die LM317 mit ungenauen Widerständen beschaltet sind — praktisch exakt symmetrisch sind. Vielleicht ist die negative Spannung an R7 einstellbar, dann hat man mit dem 741er eine Tracking-Funktion. Helmut B schrieb: > Kann man den Spice-Modellen aus dem I-Net trauen? Nicht immer, erst gestern oder vorgestern hatten wir hier im Forum eine Diskussion, weil das Modell ein Mosfets von Diodes überhaupt nicht funktionierte, da vermutlich ein Parameter um 6 Größenordnungen daneben lag. Normalerweise funktionieren die Modelle aber recht gut. Man muss sich aber im Klaren darüber sein, dass die Modelle aus Gründen der Simulationsdauer nicht immer alle Aspekte nachbilden. Insbesondere verhalten sie sich oft daneben, wenn die Bauteile außerhalb ihrer Spezifikationen betrieben werden. Zu manchen Bauteilen sind auch mehrere unterschiedliche Simulationslevels implementiert, von stark idealisiert und schnell bis detailgetreu und langsam. Oft schreiben die Autoren der Modelle auch Kommentare in den Code, der angibt, welche Aspekte berücksichtig werden und welche nicht. Im Zweifelsfall muss man versuchen, die Modelle selber zu verstehen, um zu entscheiden, ob es für eine bestimmte Aufgabe verwendbar ist. > Kann man in Spice Bauteiltoleranzen abbilden? Man kann zu jedem Bauteil mehrere zufällige Werte generieren und sich das Simulationsergebnis als Kurvenschar darstellen. Ist die Anzahl der Simulationsdurchläufe groß genug, kann man auf diese Weise die Grenzen der Schaltung ausloten. Der andere Helmut (mit dem S.) hat hier ein Beispiel gepostet: Beitrag "Re: LTSpice: Werte von Monte Carlo Analyse anzeigen" > Hintergrund: Ich verwende dort 2 parallele TIP147 Darlingtons an dicken > Kühlkörpern. In der Realität macht der 2. erst bei Lasten >3A auf. > Vorher bleibt der 2. Kühlkörper kalt. In diesem Fall kannst du natürlich auch explizit die Parameter des einen Darlingtons gegenüber dem anderen etwas modifizieren, so dass du schon in einem einzelnen Simulationsdurchlauf die Asymmetrie sehen kannst.
Jens G. schrieb: >>Meine Fragen an die Erfahrenen: >>Kann man das Ding verwenden? (Hat schon mal funktioniert) > > Wozu soll der µA741 sein? Eigentlich sollte diese Schaltung auch ohne > diesen Typen+Hühnerfutter funktionieren. Habs vergessen im Schaltbild abzubilden: der R7 ist ein Poti zu Spannungseinstellung (mit einem normalen R rechnet Spice schneller als mit meinem Poti-Model) und der 741 spielt auf der anderen Hälfte einen PID-Regler, der die Einstellung des R7 nachzieht. Funktioniert ganz gut in Spice.
Yalu X. schrieb: > Jens G. schrieb: >> Wozu soll der µA741 sein? Eigentlich sollte diese Schaltung auch ohne >> diesen Typen+Hühnerfutter funktionieren. > > Dadurch folgt die positive Hälfte der Schaltung der negativen, so dass > die Spannungen — auch wenn die LM317 mit ungenauen Widerständen > beschaltet sind — praktisch exakt symmetrisch sind. Vielleicht ist die > negative Spannung an R7 einstellbar, dann hat man mit dem 741er eine > Tracking-Funktion. Genau
Jens G. schrieb: > Wenn aber ein T recht warm wird, dann sinkt dessen nötige Ube zum > Durchschalten. D.h., der wärmere von beiden wird immer der Leidtragende > sein, also derjenige, der den Hauptstrom trägt. Und wenn der den > Hauptstrom trägt, dann wird er noch wärmer, Ube sinkt noch mehr, bekommt > noch mehr Ib, und somit noch mehr Ice. Wie Du hoffentlich siehst, ist > das so ein Teufelskreis, den man eigentlich vermeiden sollte. Vermeiden > geht eigentlich nicht wirklich bei BJT, aber man kann die Effekte > reduzieren, indem man niederohmige R's in jede individuelle > Emitterleitung einschleift, so daß da zumindest paar 10% der Ube (bei > Last) abfallen. Damit wirken die ausgleichend, bzw. die T's sehen dann > "gleicher" aus. Jedem Darlington ist eine eigener Strombegrenzer zugeordnet, der bei der halben Nennstromstärke ansprechen soll. Wenn ich dich richtig verstehe, geht dann der eine BJT immer voll in die Begrenzung, bevor der andere anfängt zu arbeiten.
@all Und vielen Dank für die Hinweise und Erläuterungen zu Spice. Beim Umsetzen werde ich dann sehen, wie gut die Simulationen dann waren. Vor allem auch, ob die Grenzbereiche auch in der Realität da liegen, wie sie in der Sim lagen.
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